Ziel
Nach wie vor ist Sampling eine der tragenden Säulen im HipHop. Egal ob Drums, Vocals oder Synthesizer – was das Sampling anbelangt, gibt es im HipHop keine Grenzen. Auch vor klassischer Musik haben Produzenten nicht zurück gescheut.
In diesem Tutorial wollen wir das Klavierstück “Une Barque Sur l´Ocean” (Klangbeispiel 01) des französischen Komponisten Maurice Ravel als Grundlage für eine HipHop-Produktion (Klangbeispiel 02) verwenden.
1. Sample auswählen
Die Wahl des Samples ist der vielleicht entscheidendste Moment einer HipHop-Produktion und beginnt üblicherweise vor dem Erstellen des Beats. Die Art des Samples ist absolut maßgebend für die Produktion im Ganzen und sollte daher eine große Priorität haben.
In der Geschichte des HipHop gibt es zahlreiche Beispiele, die klassische Musik integrieren. Bekannte Produktionen sind “Simon Says” von Pharaoe Monch, “Gimme Some More” von Busty Rhymes oder “Enjoy Yourself” von A+, bei dem die fünfte Symphonie von Beethoven gesampelt wurde.
Da wir unseren eigenen Beat programmieren wollen, eignen sich insbesondere rein instrumentale Stücke ohne Percussion. Selbstredend ist eine Oper von Richard Wagner wahrscheinlich schwieriger zu integrieren als ein Stück für ein Soloinstrument. Auch Streichquartette tauchen immmer wieder in Form von Samples bei HipHop-Produktionen auf. Abgesehen von klassischer Musik bedient man sich häufig auch an den Genres Jazz und Funk.
Für unser Beispiel haben wir uns für das Stück “Une Barque Sur l´Ocean” des sogenannten Impressionisten Maurice Ravel entschieden. Das Klavierstück ist Teil des Werkezyklus “Miroirs”, der im Jahr 1905 komponiert wurde.
Insbesondere wenn man kommerzielle Absichten mit der Produktion verfolgt, sollte man sich rechtzeitig über die Gesetzeslage und über rechtliche Aspekte des Samplings erkundigen!
2. Sample zurechtschneiden
Natürlich wollen wir nur in den seltensten Fällen das komplette Musikstück verwenden. Ein kurzer Loop einer bestimmten Passage von 1-10 Sekunden ist normalerweise ausreichend.
Für unser Beispiel haben wir die ersten paar Sekunden des Originalstücks verwendet und am Ende der musikalischen Phrase einen Loop erstellt. Da sich im Original nach dem Loop die Phrase ohnehin wiederholt hätte, ist der Übergang fließend. Für mehr Variation haben wir noch eine andere Passage aus dem Original extrahiert, die in unserem Stück alle paar Takte wiederkehrt und den Loop kurzzeitig ersetzt (s. Punkt 4. Arrangement).
Die Bearbeitung des Samples kann beispielsweise mit dem kostenlosen Programm Audacity vorgenommen werden. Auch die meisten DAWs verfügen über Optionen zum Erstellen von Loops. Hilfreich sind insbesondere die Tools von Ableton Live: Die DAW kann automatisch den BPM-Wert des Samples erkennen und durch die Time-Stretch-Warp-Funktion an das Master-Tempo der Session anpassen. Allerdings funktioniert diese Methode mit klassischer Musik aufgrund der oft mangelnden Transienten nur bedingt.
3. Processing
Nach dem Erstellen der Loops haben wir die bearbeiteten Samples in eine DAW importiert – in diesem Fall Logic Pro X.
Oben ist der Main Loop zu sehen, der dem Anfang des Originalstückes entnommen wurde (1).
Darunter ist eine spätere Phrase des Originals zu sehen, die sich in unserer Produktion alle paar Takte wiederholt und den Main Loop ersetzt (2).
Für das Processing beider Sounds haben wir drei Plug-ins von Logic verwendet (3):
Um das Frequenzspektrum des Originals zu manipulieren und die Höhen zu betonen, haben wir die Filterbank “Evoc 20” verwendet. Die genauen Settings sind in der Abbildung zu sehen (4).
Anschließend haben wir das Sample mit Hilfe des Pitch-Tools aus den Apple Utilities um fünf Halbtonschritte nach unten transponiert (5).
Mit Hilfe eines EQs haben wir ungewünschte Frequenzanteile beseitigt (6).
Die Wahl und Einstellungen der Plug-ins hängt natürlich vom verwendeten Sample ab. Ein EQ am Ende der Kette kann jedoch nicht schaden, um das Sample besser in das Gesamtgefüge einzubinden. Im Gegensatz zum Sampling von Drums ist ein Kompressor bei der Verwendung klassischer Musik weniger sinnvoll.
4. Arrangement
So wichtig wie die Auswahl des Samples ist der Zusammenhang mit anderen Elementen der Produktion. Welche Drums, Vocals oder zusätzlichen Instrumente geeignet sind, kann oft nur durch einen Trial-and-Error-Prozess herausgefunden werden.
Da das Originalstück einen weichen, ruhigen Klangcharakter hat, haben wir uns für einen entsprechend soften Beat entschieden, mit nur wenig Kompression und Distortion (1).
Um den Anfang des Loops zu betonen und dem Beat mehr Substanz zu verleihen, werden die ersten Noten des Loops von einem Basston begleitet. Der Pitch wurde an die Anfangsnote der Phrase angeglichen (2).
Für ein wenig Nostalgie und mehr Abwechslung wird nach einigen Takten aufgenommenes Rauschen und Knistern von Vinyl-Schallplatten eingeführt. Außerdem ist hin und wieder ein kurzer Vocal-Schnipsel zu hören (3).
Beim Arrangement sollte bedacht werden, ob es sich bei der Produktion um ein Instrumental handelt oder ob der Track später um Rap-Gesang erweitert wird. In letzterem Fall sollte bei der Auswahl des Samples, dem Processing und beim Arrangement genügend Platz im mittleren Frequenzbereich für Vocals geschaffen werden, damit sich diese gut durchsetzen können.
Copyright 2017 – www.schoolofsound.ch