Ziel
In Tutorial 041 haben wir die Grundlagen von FM-Synthese anhand von Native Instruments FM8 erklärt. In diesem Tutorial wollen wir hingegen die symbolische Programmiersprache Max/MSP verwenden, um einen Einstieg in FM-Synthese zu geben. Wir wollen dazu einen einfachen FM-Synthesizer erstellen und anhand dessen die Funktionsweise und Klanglichkeit dieser Syntheseform demonstrieren. Max/MSP und damit erstellte Patches können in Form von Max for Live auch in Ableton Live integriert werden.
1. Einführung
Frequenzmodulationssynthese, kurz FM-Synthese, ist neben subtraktiver und additiver Synthese, Wavetable-Synthese und Granularsynthese eine weit verbreitete Methode der synthetischen Klangerzeugung. Das Verfahren basiert auf Frequenzmodulation, wobei im einfachsten Fall die Frequenz von einem Oszillator (Träger) durch einen zweiten Oszillator (Modulator) moduliert wird. Man kann sich den Vorgang wie ein sehr schnelles Vibrator vorstellen: Überschreitet die Grundfrequenz des Modulators in etwa 20Hz, so ist kein Vibrato mehr zu hören, sondern der Grundton des Trägers wird durch weitere Obertöne angereichert. Es können auch mehrere Modulatoren einen einzigen Träger modulieren oder verschiedene Träger-Modulator-Paare in Reihe geschaltet werden.
Das Prinzip der Frequenzmodulation wurde ursprünglich für Zwecke der Nachrichtentechnik entwickelt und reicht zurück in die 20er Jahre. Es war jedoch der Amerikaner John Chowning, der Ende der 60er Jahre mit seinen Forschungen den Grundstein für musikalische Zwecke legen sollte. Im Jahre 1974 lizensierte die Firma Yamaha das Patent seiner Forschungen und präsentierte 1982 mit dem GS1 und GS2 die ersten Instrumente, die auf dieser neuen Technik basierten. Der wohl bekannteste FM-Synthesizer ist jedoch der Yamaha DX7, der 1983 erstmals vorgestellt wurde und auch das Vorbild für Native Instruments FM8 war. Ein guter Vergleich des Klanges zwischen dem DX7 und dem FM8 bietet das folgende YouTube-Video: www.youtube.com…
2. Max/MSP öffnen und neuen Patch erstellen
Wir öffnen Max/MSP und erstellen über “File” -> “New” einen neuen Patch.
3. Objekte erzeugen
Durch einen Doppelklick auf die große, weiße Fläche können wir auf eine Liste mit Tools zugreifen und verschiedene Objekte erzeugen (1).
Wir erzeugen zunächst einen Output, indem wir in der Rubrik “All” oder in der Rubrik “Audio” aus der Tools-Liste das Lautsprechersymbol auswählen (2).
Als nächstes wählen wir “object” aus der Rubrik “All” aus (das erste Symbol oben links in der Tools-Liste) und wiederholen den Vorgang. Es sollten danach zwei leere Kästchen in unserem Patch-Fenster zu sehen sein (3).
Die Objekte können wir mit gedrückter Maustaste nach Belieben verschieben.
4. Träger-Oszillator erstellen
Durch einen Doppelklick in eine der beiden leeren Boxen können wir Befehle eingeben und ein konkretes Objekt definieren.
In die eine Box schreiben wir “cycle~” (1) und in die andere Box tragen wir “*~” (2) ein. Beim ersten Objekt handelt es sich um unseren Träger-Oszillator. Mit der Funktion darunter können wir das Output-Signal des Oszillators später um ein vielfaches verstärken oder abschwächen.
Mit gedrückter Maustaste auf die virtuellen Outputs (3) verbinden wir die drei Objekte anschließend entsprechend der Abbildung.
5. Träger-Parameter einbinden
Wie in Schritt 4 erzeugen wir ein weiteres, leeres Objekt und geben “+~” ein (1).
Zusätzlich wählen wir aus der ersten Reihe der Objekt-Liste das Objekt “flonum” aus (2) und – da wir zwei dieser Objekte benötigen – wiederholen den Vorgang (3).
Wir verbinden die drei neuen Objekte entsprechend der Abbildung.
6. Träger-Oszillator testen
Wir testen, ob wir alles richtig gemacht haben und ein Output-Signal bekommen. Dazu klicken wir zunächst auf das Schlüssel-Symbol, um in den Locked- bzw. Performance-Modus zu gelangen (1).
Mit einem Mausklick aktivieren (bzw. deaktivieren) wir den Lautsprecher. Dunkel bedeutet an, hell bedeutet aus (2).
Mit gedrückter Maustaste und durch Bewegen der Maus nach oben und unten können wir in der oberen Box eine Grundfrequenz für unseren Träger-Oszillator festlegen (3).
Wenden wir diesen Vorgang auf die Box auf der rechten Seite an, können wir in einem Bereich von 0 bis 1 die Output-Lautstärke definieren. ACHTUNG: Vorsichtshalber sollte zunächst die Endstufe herunter geregelt werden und allmählich das Signal eingefadet werden. 1 bedeutet bereits volle Lautstärke und alle Werte darüber führen zu Übersteuerung (4)!
Wenn wir kein Output-Signal erhalten, sollten wir im Options-Menü den DSP-Status und die Output-Einstellungen überprüfen.
7. Modulator-Oszillator erstellen
Durch einen weiteren Mausklick auf das Schloss-Symbol wechseln wir zurück zum Edit-Modus (1).
Analog zu den vorherigen Schritten erstellen wir vier weitere Objekte: 2x “flonum”, 1x “cycle~” und 1x “*~” (2).
Wir verbinden die vier neuen Objekte entsprechend der Abbildung.
8. FM-Synthesizer testen
Bei den in Schritt 7 erstellten Objekten handelt es sich um den Modulator-Oszillator und um Regler, mit denen dessen Eigenschaften definiert werden können. Die mittlere Box repräsentiert die Modulationsfrequenz (1) und die rechte Box die Modulationstiefe (2).
Um den fließenden Übergang zwischen Vibrato und Frequenzmodulation zu demonstrieren, schalten wir zunächst zurück in den Performance-Modus (3).
Wir bringen mit gedrückter Maustaste die Modulationsfrequenz allmählich auf den Wert 1. Die Modulationstiefe legen wir auf 100 fest. Wir sollten nun einen sirenenartigen Klang hören, der sich jede Sekunde wiederholt (daher der Wert 1: 1Hz = 1/Sekunde). Je weiter wir den Regler für die Modulationsfrequenz nach oben ziehen, desto schneller wird die Modulation. Ab einem gewissen Punkt ist das Vibrato jedoch als solches nicht mehr wahrzunehmen und der Klang fängt an sich zu verfärben; neue Obertöne entstehen. Die Stärke dieser Verfärbung können wir mit der Modulationstiefe festlegen.
9. Komplexere Modelle
Um weiter vertraut mit der Funktionsweise und Klanglichkeit von FM-Synthese vertraut zu werden, macht es Sinn, eine ganze Reihe verschiedener Träger- und Modulatoreinstellungen auszuprobieren. Komplexere Synthesestrukturen können durch Einbindung weiterer Oszillatoren erzeugt werden.
Dieses Tutorial deckt nur die Basics vom FM-Synthese. FM-Synthesizer können in Wirklichkeit wesentlich komplexer sein und über eine Vielzahl unterschiedlicher Filterelemente sowie über weitere Module (z.B. Ringmodulatoren, Waveshaper oder Effektgeneratoren) verfügen, mit denen man den Klang noch weiter verformen kann. Auch Kombinationen verschiedener Syntheseformen, z.B. additive und FM-Synthese, sind in modernen Instrumenten durchaus üblich.
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