Ziel
Fast täglich erscheint eine neue Sample-Library mit Titeln wie “Analog Kickdrums”, “Percussive Elements” oder “Millenium Drum Loops”. Hut ab, wer da noch den Überblick behalten kann. Drum Samples gibt es in Hülle und Fülle, oft für nur ein paar Dollar und nicht selten sogar umsonst. Man fragt sich also zurecht: Wieso sollte ich mir da die Mühe machen und eigene Samples erstellen?
Die wohl offensichtlichste Antwort auf diese Frage lautet: Individualität! Zwar gibt es tatsächlich hunderte, wahrscheinlich tausende von Drum Packs, die im Handel erhätlich sind, doch sind es immer wieder Samples der “großen” wie Loopmasters oder Vengeance, ganz zu schweigen von 808 und 909 Samples, die man sowohl in älteren, als auch in modernen Produktionen immer wieder hört. In diesem Tutorial wollen wir zeigen, dass man mit sehr einfachen Mitteln aus den unterschiedlichsten Audio-Aufnahmen seine eigenen Drum Samples erstellen kann – Samples, die in keinem Sample Pack auf der Welt zu finden sind und einen ganz individuellen Klangcharakter haben können. Mit diesen neu erstellten Drum Samples wollen wir im nächsten Tutorial (Tutorial 029) einen Drum Groove erstellen.
1. Aufnahmen machen und Audiomaterial bereitstellen
Es gibt prinzipiell keine Antwort auf die Frage: “Was eignet sich am Besten als Ausgangsmaterial?”. Von Aufnahmen eines Rasenmähers über Field Recordings bis hin zu synthetischem Material sind nahezu alle Aufnahmen geeignet, um daraus Drum Samples zu erstellen. Will man eine Kickdrum kreieren, macht es natürlich Sinn, mit Audiomaterial zu arbeiten, dass eher tiefere Frequenzen enthält, damit die Bassdrum auch ordentlich wummert. Für Hihats müssen hingegen viele Höhen im Ausgangsmaterial vorhanden sind. Auch mit dem Mund oder mit den Händen lassen sich viele interessante, perkussionsartige Klänge erzeugen.
Wer kein eigenes Mikrofon hat, findet unmengen an Audioaufnahmen im Internet (z.B. YouTube). Auf der Website www.freesound.org… gibt es tausende kostenlose Aufnahmen, die ohne Lizens verfügbar sind. Generell sollte man aber dennoch unbedingt aufpassen, welche Aufnahmen man ohne weiteres verwenden darf und welche nicht!
Für unser Beispiel haben wir die Aufnahme eines Druckers verwendet (Klangbeispiel 01), um daraus verschiedene Hihat- und Percussion-Samples zu erstellen (Klangbeispiel 02). Diese Samples haben wir dann rhythmisch in einer DAW angelegt und mit ein wenig mit EQs und Audioeffekten aufgepeppt. Für die Kickdrum und die Snare haben wir tatsächlich Drum Samples aus einer Library als zusätzliches Layer verwendet. Alle anderen Elemente von Klangbeispiel 03 wurden jedoch ausschließlich ursprünglich aus Klangbeispiel 01 erstellt!
Auf alle Fälle macht es Sinn, mit einer recht hohen Samplingrate und Bittiefe (92kHz/24Bit) Aufnahmen zu erstellen, damit eine hohe Klangqualität auch nach der Manipulation z.B. durch Pitch Shifting gegeben ist. Ferner sollte das Ausgangsmaterial “ready to go” sein, also bereits zurecht geschnitten, frei von Rauschen und anderen Störgeräuschen sein und über eine sinnvolle Lautstärke verfügen (in etwa zwischen -20dB und -5dB).
2. Samples in einen Sampler laden
Wir können Drum Samples auf zwei verschiedene Weisen erstellen:
1) Wir laden die Audio-Aufnahmen direkt in eine DAW und bearbeiten das Audiomaterial unmittelbar.
2) Wir laden die Aufanhmen zunächst in einen Sampler und bearbeiten dort das Material. Dies hat den Vorteil, dass man die Samples bequem durch ein MIDI-Keyboard ansteuern und ohne viel Aufwand transponieren kann. Wir entscheiden uns für diese Methode, erstellen ein neues Projekt in der DAW unserer Wahl und öffnen einen Sampler, in unserem Fall Kontakt. Per Drag&Drop ziehen wir das Ausgansmaterial in den Sampler.
Durch einen Mausklick auf das Werkzeug-Symbol (1) und über den “Wave Editor” (2) haben wir die Möglichkeit, die Eigenschaften unseres Samples zu definieren. Wie man mit Kontakt Samples am besten mappt, d.h. regelmäßig über die Keyboard-Tastatur verteilt, wird in Tutorial 009 erklärt.
3. Startpunkt bestimmen und Sample zurecht schneiden
Durch Verschieben des grünen Markers können wir den Startpunkt des Samples bestimmen (1). Es ist sinnvoll, den Marker so lange zu verschieben, und nach jedem Verschieben durch Drücken verschiedener MIDI-Tasten gegenzuhören, bis man einen passenden Startpunkt und eine erste Annäherung an einen interessanten Perkussionsklang gefunden hat.
Bei Bedarf können wir einzelne Samples nach oben oder unten transponieren (2). Für das Erstellen von Hihats macht es tendenziell Sinn, die Ausgangsaufnahme ein wenig nach oben zu transponieren, währen tiefere Perkussionssamples durch Transposition nach unten erzeugt werden können.
4. Werte für Attack und Release definieren
Wenn wir im Wave-Editor weiter nach unten scrollen, haben wir die Möglichkeit, die ASDR-Kurve zu bestimmen. Höchstwahrscheinlich hat sich durch die Verschiebung des Startpunktes ein Klick eingeschlichen, der am Anfang beim Abspielen des Samples zu vernehmen ist. Um dem entgegenzuwirken, erhöhen wir den Attack-Wert auf etwa 1ms (1).
Da Drum Samples in der Regel relativ kurz sind, reduzieren wir den Release-Wert auf ca. 100ms (2). Wie lange das Drum Sample nun tatsächlich sein soll, hängt davon ab, wie lange wir die entsprechende MIDI-Taste gedrückt lassen bzw. wie lange wir die entsrpechende MIDI-Region in unserer DAW ziehen. In der Regel reicht es aus, die Taste nur sehr kurz anzutippen bzw. die MIDI-Region in der DAW extrem kurz zu ziehen.
5. MIDI-Region erzeugen
Bei Bedarf können wir das Sample, das wir gerade editieren, als Loop abspielen lassen, um eine bessere Vorstellung davon zu bekommen, wie das Drum Sample später als Teil eines Grooves funktionieren könnte.
Wenn wir beispielsweise eine Hihat erzeugen wollen, können wir eine MIDI-Region auf jeder vollen Zählzeit erzeugen. Genau dann wird auch unser Sample abgespielt. Wir können nun einen bestimmten Bereich loopen, auf “Play” drücken und auch während dem Playback noch Veränderungen in unserem Sampler vornehmen. Sind wir zufrieden, können wir die Region bzw. das erstellte Drum Sample bouncen.
6. EQ und Effekte hinzufügen
Wir bleiben beim Beispiel Hihat. Hihats verfügen nur selten über Frequenzen unter etwa 1000Hz. Wir wählen also einen Equalizer als Plug-in aus und setzten einen Low-Cut-Filter mit einer Grenzfrequenz von etwa 1000 bis 2000Hz ein – je nach Geschmack und Charakter der Hihat auch bis zu 10000Hz.
Bandpass-Filter eignen sich hingegen gut für Perkussionsartige Klänge, die kleineren trommeln, Shakern oder Maracas ähneln. Etwas komplizierter wird es, wenn man eine Kick- oder Snaredrum erstellen will, da diese über ein breiteres Frequenzspektrum verfügen. Hier kommt es eher auf die richtige Wahl des Ausgangsmaterials an, als auf geschickte Filterung. Fetter und reicher werden die Klänge, wenn man mehrere Layer verwendet, d.h. mehrere erstellte Drum Samples übereinander legt und gleichzeitig abspielt.
Weitere Effekte können unsere Drum Samples bis zur Unkenntlichkeit weiter verfremden und noch interessanter gestalten. Von Ringmodulatoren über Frequency Shifter bis hin zu Distortion-Plug-ins sind der Kreativität und dem Experiment keine Grenzen gesetzt. Für unser Klangbeispiel haben wir uns jedoch auf simples EQ-ing beschränkt.
Copyright 2015 – www.schoolofsound.ch